Geld und Währung

Die Geldpolitik (die Einnahmenüberschüsse der einen, finanzieren die Ausgabenüberschüsse der anderen) ist jener Teil der Wirtschaftspolitik, der "monetäre" Größen (z.B. Geldmenge, Kreditmenge, Zinssätze) bestimmen kann, also eine Wirtschaftspolitik, die "monetäre" Mittel benützt. Die Ziele der Geldpolitik betreffen auch den geldwirtschaftlichen Sektor selbst (Stabilität). Aufgrund der allgemeinen Bedeutung des Geldes als Tausch- und Zahlungsmittel sind jedoch meist makroökonomische Ziele der Wirtschaftspolitik Ziele der Geldpolitik (Sicherstellung der Vollbeschäftigung,...).

 

Die Notenbank und Geldpolitik der Donaumonarchie

 

Währungsprobleme: Versuche einer Neuordnung

In der ursprünglichen Konzeption waren die Funktionen der Notenbank:

Aber erst in den letzten (der) Dezennien der Monarchie erfüllte sie beide Funktionen in einer für die verschiedenen Interessensgruppen und Nationalitäten akzeptierbare Weise, so daß die oft von ungarischer Seite heraufbeschworene Gefahr der Spaltung des einheitlichen Währungsgebietes bis zum Jahre 1918 vermieden werden konnte. Die instabilen Währungsverhältnisse, die fast das ganze 19. Jahrhunderte andauerten, waren eine Folge der Kreditgewährung der Notenbank an den Staat. 1811 wurde zwecks Kriegsfinanzierung viel Papiergeld gedruckt und ausgegeben. Die dadurch verursachte Inflation konnte 1816 durch eine Währungsreform gestoppt werden. Die Notenbank wurde nach dem Vorbild der franz. Zentralbank neu konstituiert und die Kreditgewährung an den Staat in Form von Banknoten war nur gegen staatliche Schuldverschreibungen als Deckung möglich.

1820 begann man Banknoten in Silbermünzen einzulösen.

1840-1866 hatte die Notenbank wieder das Notenbankprivileg, wobei der Staatseinfluß verstärkt wurde.

Die Märzrevolutionen führten zu einer sehr starken Bareinlösung der Noten, die aber nicht einzuhalten war. Im Endeffekt wurden die Barzahlungen eingestellt und den Noten ein Zwangskurs verliehen. Dies stärkte aber die alten Spaltungsanstrebungen und das ungarische Finanzministerium wollte, entgegen der Statuten der Notenbank, selbständig 1- und 2-Guldenscheine ausgeben.

Das Fehlen der Bareinlösung und die neuen Guldenscheine führten zu einem Aufgeld für die Silbermünze (Agio). Wegen Kriegen, die zur Staatsverschuldung bzw. Ausgabe von Staatspapiergeld führten, konnte die Bareinlösung nicht wieder eingeführt werden. Die Schwankungen des Agios erschwerten die Kalkulationen im Außenhandel und Kapitalverkehr und schwächten so den Außenhandel. Versuche, institutionelle Einrichtungen für Kurssicherung zu schaffen, schlugen fehl.

1854 einigten sich Nationalbank und Finanzministerium kein, neues Staatspapiergeld mehr auszugeben. Das vorhandene Staatspapiergeld wurde durch die Nationalbank in Banknoten ausgewechselt. Die so entstandene Staatsschuld sollte in 15 Jahren getilgt werden, was aber im Endeffekt nicht funktionierte, da die 500 Mio. Gulden der entstandenen Schuld durch einen Kredit bei der NB beschafft wurden. Der Krimkrieg erhöhte weiter die Schulden des Staates bei der NB. 1855 legte der Finanzminister folgenden Sanierungsplan an:

Als Folge dieser Sanierung stieg der Metallschatz und das Agio fiel stark.

1857 konnte mit dem deutschen Zollverein ein Münzvertrag abgeschlossen werden, der für einen fixen Wechselkurs zwischen den Währungen des Zollvereins und des neuen österreichischen Gulden nötig war. Die bisherige 1-Gulden-Konventionsmünze wurde 1858 gegen den österreichischen Gulden durch die Aufnahme der Barzahlung umgetauscht. In Folge verschwand das Silberagio. Aber schon 1859 wurde durch den Krieg mit Frankreich und Sardinien wegen der kriegsnotwendigen Ausgabe von Noten die Barzahlung wieder eingestellt. (Die Barzahlung wurde auch bis zum Zusammenbruch der Monarchie nicht mehr aufgenommen.) Das Agio erreichte den historischen Höchststand von 53%. Nach Kriegsende sollte eine Anleiheemission zur Konsolidierung beitragen, aber nur 1/3 der Anleihen fanden Abnehmer.

Eine neue Reform beinhaltete folgende Punkte:

Als folge dieser Maßnahmen verminderte sich der Banknotenumlauf um ¼, das Agio und Notenwert näherten sich dem Silberwert an und es kam zu einer fühlbaren, von Mißernten und ausländischen Einflüssen verstärkten Depression. Diese Geldpolitik mit hohen Zinssätzen und die schlechten Steuereinnahmen führten zu Schwierigkeiten der Budgetfinanzierung.

Trotz der Erkenntnis, daß eine starke Deflationspolitik zwecks Herstellung eines früheren Kurses, der kriegsbedingt stieg, zu schweren Störungen des Wirtschaftslebens führen kann, wurde diese nicht angewendet. Erst 1866 wurde die Verschiebung der Aufnahme der Barzahlungen, wegen dem Widerstand der Bevölkerung gegen die Deflationspolitik, erwogen.

Schon vor Kriegsbeginn machten sich die politischen Spannungen in einem starken Verlangen nach Umwechseln des Papiergeldes in Silber bemerkbar. Das Agio stieg stark an und unter Verletzung der Statuten wurden Noten zu 1 und 5 Gulden zu Staatsnoten erklärt und die Bank verpflichtet sich, diese in Form von Banknoten dem Staat zur Verfügung zu stellen. Die Kriegskostenentschädigungen an Preußen wurden auch auf Kredit bei der Notenbank finanziert. Wieder druckte man Staatspapiergeld, aber die Folgen der Notenvermehrung waren nicht so dramatisch wie man erwartet hätte. Dafür kann man die hohe Arbeitslosigkeit der Depression und die guten Ernten mit Exportchancen nach Westeuropa verantwortlich machen.

1866 trat Österreich aus dem deutschen Münzverband aus, welcher die fixen Wechselkurse mit den Staaten des Deutschen Zollvereins auf der Basis der Silberwährung garantierte. Gleichzeitig verhandelte Österreich mit Frankreich, Belgien, der Schweiz und Italien über die Einführung eines gemeinsamen Währungssystems. Diese "Lateinische Münzunion" sollte auf Bimetallismus (Gold und Silber) beruhen und den Franken zur Grundlage haben. Österreich schloß sich zwar an, aber nicht als Vollmitglied. Weiters wurde mit Frankreich eine Präliminarkonvention vereinbart, die den Beitritt für Anfang 1870 vorsah. Zu diesem Beitritt kam es nicht, jedoch wurden 4 und 8 Guldenmünzen (das Äquivalent zu 10 und 20 Franken) in geringem Ausmaß geprägt.

1867 wurde eine mehrjährige Aufschwungphase ("Gründerzeit") eingeleitet, die sich vor allem in dem Ausbau des österreichischen Eisenbahnnetzes äußerte.

 

Der Ausgleich und das Währungssystem

Der Österreichische und ungarische Finanzminister hatten sich bisher nur auf die Regelung geeinigt, daß bei neuen Notenemissionen einvernehmlich vorgegangen werden solle.

1867 kam ein geheimes Abkommen zwischen beiden Finanzministern zustande, welches das ungarische Ministerium verpflichtete, keine eigene ungarische Notenbank zu errichten und die österreichischen Bank- und Staatsnoten anzuerkennen.

In der Öffentlichkeit wurden jedoch weiterhin eine eigene ungarische Notenbank, stärkere Berücksichtigung der Kreditbedürfnisse der ungarischen Wirtschaft und mehr Filialen in Ungarn gefordert.

Nach dem Ausgleich wurde das gesamte Staatspapiergeld von beiden Reichshälften garantiert. Fragen betreffen dieser Schuld konnte nur im Einvernehmen zwischen beiden Finanzministern und mit Genehmigung beider Parlamente vorgenommen werden. Dadurch gab es auch keine wesentlichen Probleme bis zur Einführung der Goldwährung.

Erst 1876 erhielt Ungarn beinahe eine eigene Notenbank in Budapest, aber es kam nur zu einer Kompromißlösung, welche die Vertretung von Ungarn in der Notenbank, in Form der Ernennung von einem Teil der Generalräte, schaffte. Dieses Gesetz ermöglichte aber auch dem Staat größere Mitbestimmung bei der Ernennung der Generalräte. Außerdem wurden durch Staatseinfluß 50 Mio. Gulden für das Eskontgeschäft in Ungarn zur Verfügung gestellt, der Name in "Österreichisch-Ungarische Bank" umgewandelt und die Banknoten zweisprachig ausgegeben. Außerdem wurde der Gewinn der Österreichisch-Ungarischen Bank mit 7% besteuert.

 

Demonetisierung des Silbers; Vorbereitung der Goldwährung

Der Übergang zur Goldwährung war bereits im Ausgleich von 1867 vorgesehen, wobei aber die österreichische Währung, bis zur Einführung der Goldwährung, die gemeinsame Landeswährung bleiben sollte. Die Einführung der Goldwährung war unvermeidlich, da andere Staaten zur Goldwährung übergingen und somit das Silber demonetisierten. Deutschland und die USA wechselten von Silber- zu Goldmünzen und die Silberproduktion stiegt sprunghaft an. Der so ausgelöste Verfall des Silberpreises führte zum ersten Mal zu einem Disagio der Silbermünzen. Private konnten also im Ausland Silber kaufen und in Österreich mit Gewinn ausmünzen lassen.

Die rasche Vermehrung des Geldumlaufes (eine "Silberinflation") bewirkte, daß der Wechselkurs des Gulden im Vergleich zu den Goldwährungen stark sank. Die Prägung von Silbermünzen wurde eingestellt und so die Währung stabilisiert.

Die neue Funktionstheorie, deren Anstoß die Erscheinung eines Silberdisagios war, zeigte die Möglichkeit auf, anstatt einer Bindung an ein Währungsmetall, durch die Regulierung des Geldvolumens einen stabilen Wechselkurs zu den Goldwährungsländern oder die Stabilisierung des inländischen Preisniveaus anzustreben. In Österreich würde man aber weiter auf die Einführung einer Goldwährung setzen.

Bis zur Einführung der Goldwährung schwankten die Wechselkurse gegenüber der Goldwährungsländer, wobei die Höhe dem Verhältnis der Kaufkraftparität entsprach. D. h. wenn das Preisniveau in Ö. stieg, wurde der Export durch die hohen Preise vermindert und der Import begünstigte (-> Ankauf von Devisen), was wiederum den Kurs des Papierguldens senkte. Wenn der Kurs so stark zurückging, daß ein baldiger Anstieg erwartet werden konnte, kauften Spekulanten Gulden und halfen somit zur Stabilisierung bei.

1887 wurde anläßlich der Verlängerung des Notenbankprivilegiums die starre Kontingentierung des Notenumlaufs aufgehoben.

Folgende Bestimmungen wurden eingeführt:

Tschechien war im Gegensatz zu Ungarn nicht mit den währungspolitischen Arrangements zufrieden. Die Prager Handelskammer forderte eine Hauptfiliale der Bank in Prag, ein tschechisches Generalratsmitglied, die Wertangabe auf den Banknoten in tschechischer Sprache und viele hatten noch andere Forderungen. Diese Forderungen wurden aber im Abgeordnetenhaus abgelehnt.

Schon 1881 waren Banknoten mit tschechischen Aufschriften mit Überdrucken aufgetaucht, die in Ungarn ungültig waren, in Österreich aber mit Rücksicht auf den wachsenden tschechischen Einfluß zuerst noch gratis und später unter Abzug einer geringen Gebühr umgetauscht wurden.

 

Einführung der Goldwährung

Die Frage der Wertrelation zwischen der neuen Goldmünze und der Lateinischen Münzunion wurde durch einen ungarischen Vorschlag gelöst: Der Durchschnitt des Kurswertes zwischen 1879 und 1891 wurde herangezogen. Die neue Krone entsprach nun dem Wert eines halben Guldens.

Der starke Ankauf von Gold, um die Goldmünzen in ausreichender Menge zu prägen, hätte zu einem Anstieg des Goldkurses führen können, geschah aber zeitgleich mit einem Anstieg der Goldproduktion und einem Anstieg des Verkaufes von Gold aus Amerika. So kam es also zu keinem wesentlichen Anstieg des Goldpreises.

Nach der Währungsreform wurden die Staatsnoten bis zum Jahre 1903 sukzessive aus dem Verkehr gezogen. Der größte Teil dieses Goldvolumens wurde durch Goldkäufe der beiden Staaten kompensiert. Die Barzahlung wurde aber nicht aufgenommen, da sich gezeigt hatte, daß eine Aufrechterhaltung des Wertverhältnisses zu den Goldumlaufswährungen nicht notwendig war.

Für eine kurze Zeit nach der Währungsreform (1892-1895) bildete sich ein Goldagio gegenüber der Kronenwährung heraus, da die Noten nicht in Gold eingelöst werden konnten. Dies entsprach also einer vorübergehenden Abwertung.

In dieser Zeit kristallisierte sich auch heraus, daß eine unabhängige Notenbankpolitik und damit auch eine unabhängige Konjunkturpolitik bei einem freien Wechselkurs möglich ist. Durch das Fallenlassen der Wechselkurse konnte nämlich verhindert werden, daß das inländische Geldvolumen infolge von Goldabflüssen verringert und damit die ausländische Krise auch auf die heimische Nachfrage und Produktion übertragen wird. Ab 1895 paßte sich die Notenbank der ausländischen Konjunktur- und Preisentwicklung im großen und ganzen an.

Die Notenbank entwickelte eine eigene aktive Devisenpolitik, indem sie je nach der Kursentwicklung Devisen abgab und ankaufte. Sie hielt einen Teil ihrer Reserven in Devisen (vor allem: Wechsel in ausländischer Währung wie Pfund Sterling und Deutsche Reichsmark). An Stelle der Goldwährung war die Golddevisenwährung getreten, welche den Vorteil brachte, daß diese zinsbringend verwendet werden konnte.

Als 1901 endlich mit der Einlösung der Noten in Goldmünzen begonnen wurde, gab es aber nur wenig Nachfrage nach Goldmünzen. Die Bevölkerung hatte großes Vertrauen in die bequemen und praktischen Banknoten entwickelt und lehnte die unhandlichen und schweren Goldmünzen ab. Ein großer Teil der Goldmünzen blieben bei den Kreditinstituten liegen.

1899 wurde wieder das Privilegium der Notenbank verlängert und volle Parität zwischen den österreichischen und ungarischen Vertretern hergestellt. Die Forderungen Tschechiens blieben wieder unberücksichtigt. Außerdem wurde der Regierungseinfluß auf Organisation und Geschäftsführung durch Ernennungsrechte und Vetorechte weiter verstärkt.

1912 gab es durch den Balkankrieg eine Erschütterung des Vertrauens in die Währung. Die Notenbank mußte die Devisenkurse stützen, Noten wurden verstärkt in Goldmünzen oder Valuten umgewandelt und ausländische Guthaben wurden zurückgezogen.

 

Vom Verfall der Währung bis zum Bankensterben

Der Verfall der Währung durch den ersten Weltkrieg

Österreich-Ungarn trat ohne besondere finanzielle Vorbereitung in den Weltkrieg ein, da man von militärischer Seite der Meinung war, daß dieser "moderne" Krieg ohnehin nicht länger als drei Monate dauern würde, und man sich daher keine besonderen Sorgen bezüglich der Finanzierung machen müßte. Doch schon 1913 weist der Gouverneur der Österreichisch-Ungarischen Bank die jeweiligen Finanzminister auf die bedenkliche Situation innerhalb der Notenbank hin, zu der noch Kündigungen von Spareinlagen und Geldhortungen kamen, wohlgemerkt zu einer Zeit als es noch keinen Krieg gab.

Schon in den ersten Tagen nach Übermittlung des österreichischen Ultimatums an Serbien wurde die Währung stark erschüttert. Innerhalb einer Woche sank der Metallschatz der Zentralbank von 1589 auf 1420 Millionen Kronen, während der Geldumlauf sprungartig von 2421 auf 3062 Millionen anstieg. Am Tag der allgemeinen Mobilisierung, dem 31. Juli 1914 wurde durch kaiserliche Notverordnung die Bankakte aufgehoben, was dem Staat ungehinderten Zugang zur Banknotenpresse ermöglichte. Was folgte, war eine unglaubliche Verschuldung des Staates gegenüber der Bank, die zum 31. Dezember 1918 bereits rund 31 Milliarden Kronen ausmachte. Insgesamt stieg der Geldumlauf zwischen Juli 1914 bis Ende 1918 um das rund Fünfzehnfache, während die Golddeckung der Krone von 74,6 Prozent auf 0,9 Prozent gefallen ist.

 

Inflation durch Staatsverschuldung ohne Absicherung

Durch den Zusammenbruch der Monarchie kam es zwangsläufig auch zu einem Zusammenbruch des Währungssystems. Die Nachfolgestaaten versuchten einerseits, in jeweils eigener Art eine eigene Währung einzuführen, oder benutzen die alten Kronenscheine neu abgestempelt einfach weiter. Erschwerend hinzu kam, daß in den Friedensverträgen von St. Germain und Trianon die in die Milliarden von Kronen gehende Forderung der Bank an die Nachfolgestaaten für ungültig erklärt wurde, sich die Nachfolgestaaten daher ihrer Schuld entledigen konnten und überdies nahezu den ganzen Goldschatz der Zentralbank für sich beanspruchten.

Wie schon zuvor geschehen, stieg die Inflation weiter, wie die Staatsinflation, da der Staat die ihm fehlenden Gelder einfach drucken ließ, und dadurch die ungedeckten Banknoten Preise und Kosten und somit auch die Staatsausgaben in die Höhe trieben. Zeitgenössische Analysen sahen lediglich im stetig steigenden Staatsdefizit die Gründe für die steigende Inflation, der Überbeanspruchung des geringen Sozialproduktes wurde jedoch kaum Beachtung geschenkt.

Um die Situation zu verbessern, hätten Regierung und Parlament eigentlich sofort Maßnahmen einleiten müssen, um das Staatsdefizit gezielt abzubauen, und den inneren Wert der verfallenden Krone zu stärken, aber kaum etwas geschah. Bis zum 20. Oktober 1920, durch Teilname der Sozialdemokraten an der Regierung, konnte das Budget 1919 noch durch die Einführung einer außerordentlichen Kriegsgewinnsteuer gestützt werden, doch nach dem Ausscheiden der Sozialdemokraten aus der Regierung hieß die neue Devise "Warten auf Auslandshilfe", da man der Meinung war, erst müsse Budget und Währung mit Hilfe des Auslandes saniert werden, bevor man die nötigen politischen Maßnahmen für die Führung eines ausgeglichenen Staatshaushaltes treffen könne.

Doch gibt es auch eine zweite Ursache für die mißliche Lage der Krone: die verfehlte Devisenpolitik während des Krieges, in dem der Bewirtschaftung der Devisen kaum Beachtung geschenkt wurde und die dieses Gebiet betreffenden Verfügungen einerseits zu spät kamen und andererseits vielfach einfach umgangen wurden. Als Zeichen für das riesige Spekulationsausmaß sei die Zahl der 1921 im Devisenmarkt tätigen Banken erwähnt: ca. 360 Banken und Bankiers, vielfach ohne Erfahrung, ohne Skrupel kauften Devisen um diese zu hamstern und mit großen Gewinnspannen weiterzuverkaufen, gefördert von den alteingesessenen Banken, die Kredite dafür zur Verfügung stellten.

 

Einschaltung des Völkerbundes

1921 kam es auf Drängen der österreichischen Regierung zur Entsendung einer Delegation des Finanzkomitees zum Völkerbund, um über die Möglichkeiten eines Sanierungskredites zu verhandeln. Schon alleine die Aussicht auf einen Kredit festigte die Krone an der Börse, sie stieg um etwa 25 Prozent und konnte Mitte 1921 wieder den Stand des Jahresbeginnes erreichen. Es kam rasch zu einer Einigung zwischen Regierung und Völkerbund für ein Finanzprogramm, daß am 1. Mai 1921 veröffentlicht wurde. Es sah auf der Einnahmenseite eine Erhöhung der Verbrauchssteuern, der Tarife, der staatlichen Monopolpreise, die Einführung einer Warenumsatzsteuer sowie eine rasche Veranlagung der direkten Steuern vor. Auf der Ausgabenseite sollten die Lebensmittelsubventionen abgebaut werden, Einsparungen - durch Vereinfachung der Verwaltung, durch Personalabbau, und Einstellung aller Subventionen an private Organisationen - durchgeführt werden. Das Defizit in der Zahlungsbilanz sollte durch Gewährung ausländischer Lebensmittelkredite, das Budgetdefizit von 17 Milliarden Kronen, durch eine innere Anleihe gedeckt werden.

Doch die Regierung hatte eine falsche Vorstellung von der Durchführung dieser Aktionen. Sie war der Meinung das Programm müßte entweder auf einen Schlag durchgesetzt werden, was nicht möglich war da die ausländischen Kredite erst in einigen Monaten Wirkung gezeigt hätten, oder man müßte, wie schon so oft zuvor, einfach warten. Durch dieses Verhalten zeigte die österreichische Regierung, daß es ihr mit dem ganzen Sparprogramm eigentlich nicht so ernst sei, was die Devisenspekulanten wieder auf den Plan rief.

 

Die Regierung Seipel

Die Ausgangssituation war denkbar schlecht, der Staat vor dem finanziellen Ruin, die Währung zerstört, die Inflation galoppierend. Weder der Bundeskanzler noch der Finanzminister verstanden etwas von Finanzpolitik, handelten nach den Weisungen einer niemand verantwortlichen Person, die im Grunde auch noch nichts davon verstand.

Daher verfiel in den ersten zwei Wochen der Regierung Seipel die Währung immer rascher, was allerdings auch auf das weiterhin wüste Spekulantentum zurückzuführen war.

Doch am 13. Juni 1922 kam es zu einer Drohung der Sozialdemokraten, die wirkte. Die Regierung sollte die Banken binnen 24 Stunden veranlassen, ihre Devisen dem Staat zur Verfügung zu stellen.

Im Verlauf eines Treffens der politischen Parteien und Banken wurde vereinbart, daß von Seiten der Banken 100 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung gestellt werden, um die Gründung einer Notenbank durchführen zu können. In weiteren Verhandlungen wurde diese Zusage jedoch verwaschen. Von dem vorgesehen Aktienkapital sollten lediglich 60 Millionen sofort aufgelegt werden, fix 24 von den Banken, für den Rest würden diese lediglich Garantien übernehmen.

Ob dies hätte helfen können die Inflation einzudämmen, darüber kann nur spekuliert werden, denn der Plan wurde nicht in die Realität umgesetzt, da die Länderbank und Anglobank ihre Zusagen über die Finanzierung zurückzogen.

Die Notenbank hätte sich vor allem dadurch von der österreichisch-ungarischen Bank unterscheiden sollen, daß die Notenpresse stillgelegt werden sollte, um die Inflation nicht weiter zu erhöhen, was jedoch ein Sinken des Staatsdefizits erfordert hätte.

 

Die Genfer Protokolle

Ernst genommen wurde die Situation mit der sog. "Genfer Sanierung", die auf zwei Arten von Dokumenten beruhte:

Protokoll Nr. 1 enthielt eine Verpflichtung Österreichs "seine Unabhängigkeit nicht aufzugeben", als Gegenleistung verpflichteten sich die Völkerbundmächte "die politische Unabhängigkeit, die territoriale Unverletzlichkeit und die Souveränität Österreichs zu wahren".

Doch war dieses Dokument eigentlich ziemlich bedeutungslos, da es an der bestehenden Situation kaum etwas änderte.

Die beiden anderen Protokolle waren jedoch von eklatanter Bedeutung:

Für eine eigentlich nur formale Leistung des Völkerbundes mußte Österreich starke Verpflichtungen, die fast eine Aufgabe der staatlichen Souveränität darstellten, nachkommen. Denn die Leistung der Völkerbundmächte bestand praktisch nur darin, Österreich zu helfen einen Auslandskredit in der Höhe von 650 Millionen Goldkronen zu bekommen, nicht aber diesen zu stellen. Um aber diese Sicherstellung von ihrer Seite gegenüber Österreich abzusichern, mußten ihnen die Bruttoeinnahmen aus den Zöllen und dem Tabakmonopol verpfändet werden, die ein mehrfaches der jährlichen Kreditrückzahlungen darstellten. Diese Zahlungen erfolgten auf ein Konto auf das lediglich der Generalkommissar Zugriff hatte. Dieser war der Beauftragte des Völkerbundes beim Kontrollkomittee in Wien, dem sich die österreichische Republik als Gegenleistung für die Übernahme der Kreditgarantie zu unterstellen hatte.

Zusätzlich wurden Österreich die folgenden Verpflichtungen und Leistungen auferlegt:

Aufstellung eines Reform- und Sanierungsprogrammes nach den Weisungen der Völkerbunddelegation zur Beseitigung des Staatsdefizites innerhalb von zwei Jahren. Falls die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen sollten, so sollte das Programm gemeinsam mit dem Generalkommissar so abgeändert werden, daß die Frist eingehalten werden könne.

Doch dieses Gesetz enthielt lediglich Rahmenbedingungen – die Durchführung der einzelnen Maßnahmen wie Personalabbau, Einnahmenerhöhungen, Ausgabensenkung, Verwaltungsabbau, usw. sollte durch ein Ermächtigungsgesetz vom Parlament auf die Regierung übertragen werden.

In Protokoll Nummer drei hieß es schließlich, daß die Freigaben von der Durchführung des Sanierungsprogrammes abhängig seien, mit anderen Worten hatte der Generalkommissar große Macht, da er bei Missfallen einfach die Gelder stoppen konnte, bis die Regierung seine Einwände berücksichtigte.

Es stand zwar der österreichischen Regierung das Recht zu beim Völkerbund Einspruch gegen Beschlüsse des Generalkommissars zu erheben, doch war diese Bestimmung ziemlich wirkungslos.

 

Die Notenpresse wird stillgelegt

Die Regierung hatte sich dem Völkerbund gegenüber verpflichtet die Notenpresse am 18. November 1922 stillzulegen. Doch war nicht daran zu denken in so kurzer Zeit Anleihen zu bekommen, da die Kreditgarantie des Völkerbundes mangels Ratifizierung der Verträge noch nicht einmal rechtsgültig war. Also mußte sich die Regierung um einen Überbrückungskredit bemühen, der einerseits von 11 Wiener Großbanken in Form von Schatzscheinen über 23,6 Millionen Goldkronen und einer Laufzeit von 6 Monaten und auch von Privatanlegern erbracht wurde. Den Privatanlegern verkaufte man die am 1. Dezember aufgelegte österreichische Goldanleihe. Den Zeichnern wurden zusätzlich zur Verzinsung auch noch Steuerbegünstigungen versprochen, außerdem ein Vorzugsrecht bei der Zeichnung von Aktien der österreichischen Nationalbank. Obwohl die Bedingungen sehr attraktiv waren, brachte die Anleihe statt der erwarteten 6 Millionen Goldkronen lediglich 5,1 Millionen ein.

Die Erlöse reichten aus um den staatlichen Bedarf an Geld bis zum Einlangen ausländischer Mittel zu überbrücken, die Notenpresse konnte für staatliche Zwecke stillgelegt werden.

 

Die Gründung der Nationalbank

Zum dritten Mal wird nun der Versuch unternommen eine Nationalbank zu gründen. Der erste scheiterte an Wünschen der Anglobank und der Länderbank, der zweite am Einspruch des Völkerbundes. Dieser dritte wurde nun nach den Weisungen der Regierungsparteien angenommen.

Das Aktienkapital dieser Notenbank wurde lediglich mit 30 Millionen Goldkronen festgelegt, sie sollte hauptsächlich versuchen die Golddeckung des Banknotenumlaufes in den Griff zu bekommen.

Die österreichische Nationalbank nahm ihre Arbeit am 1. Jänner 1923 auf und übernahm im wesentlichen die Aktiva und Passiva der gleichzeitig liquidierten Österreichisch-Ungarischen Bank. Doch kurz zuvor kam es noch zu einem Eklat, da die Delegierten des Völkerbundes einen Ausländer an der Spitze der Bank wollten, um deren Vertrauen im Ausland zu festigen. Trotz heftigen Widerstandes von österreichischer Seite wurde schließlich mit Nationalratsbeschluss vom 26. April 1923 ein ausländischer Berater mit praktisch unbeschränkten Vollmachten eingesetzt.

 

 

 

Das Wiederaufbauprogramm greift durch

Zum Wiederaufbauprogramm gehörte auch eine über vier Etappen vorgesehene Entlassung von Angestellten aus dem Bund, dafür waren alle mit mehr als 30 Dienstjahren oder weniger als 3 Dienstjahren vorgesehen, für pragmatisierte Beamte war eine Abfertigung vorgesehen. Doch wurden mit diesen schablonenhaften Entlassung auch schwere Fehler gemacht, lediglich um den Generalkommissar davon zu überzeugen, daß genau nach Plan vorgegangen wird und somit die Zahlungen des Völkerbundes nicht gefährdet werden.

Hier zeigte sich insbesondere ein Verständnisproblem bei der Bevölkerung für die durchgeführten Maßnahmen, die ja Arbeitslosigkeit für viele Personen mit sich brachten.

Doch trotz Sanierung kam es im Zuge der weltweiten Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation zu einer neuen Inflation im Laufe des Jahres 1923, deren Ursachen aber diesmal nicht im Staatshaushalt zu finden waren. Als wichtigste Ursache dafür ist die geänderte Devisenlage zu beachten, die eine Umkehrung der Situation vor 1923 darstellte, der von allen Seiten strömten Devisen in das Land, einerseits aus dem Erlös der Völkerbundanleihe, andererseits aus dem Verkauf österreichische Aktienpakete zur Zeit der großen Spekulationen. Diese Vermehrung der Devisen der Nationalbank wirkte sich natürlich auch ebenso groß auf den Geldumlauf aus, und erbrachte somit eine inflatorische Wirkung.

 

Der Börsenkrach

Bis zum Jahr 1924 konnten an der Börse wieder außerordentlich hohe Gewinne gemacht werden, doch die Spekulation erreichte im Januar ihren vorläufigen Höhepunkt, die Kurse begannen langsam zu verfallen, um im März schließlich in schweren Erschütterungen zu enden. Schuld daran war das neue Spekulationsobjekt, der französische Francs, dessen Kurs durch Spekulation immer weiter verfiel, aber jedoch durch das amerikanische Bankhaus Morgan im März 1924 gestützt wurde. Der Gesamtverlust durch Franc Spekulationen wurde damals von der Nationalbank auf 225 Milliarden Kronen geschätzt.

Die Katastrophe konnte noch zum Teil abgewendet werden, da der Generalkommissar 300 Milliarden Kronen aus den Erlösen der Völkerbundanleihe freigab, die über die Nationalbank an die Großbanken weitergegeben wurden.

Mit dem Krach von 1924 begann, wenn auch zu Beginn nur zögerlich, das Bankensterben.

 

Ausgewählte Fälle zum Bankensterben

Der Zusammenbruch der Centralbank

Die Centralbank kostete dem Staat 1600 Millionen Schilling.

Wie der Zufall es wollte, gelang es, die unglaublichsten materiellen und moralischen Korruptionen aufzudecken, deren sich führende Politiker der Christlichsozialen Partei schuldig gemacht hatten. Die Untersuchung zeigte aber auch, wie verantwortungslos und leichtfertig manche Minister ihres Amtes tätig waren.

Die Centralbank wurde 1901 als Zentralstelle der Sparkassen gegründet. Ihr Aktienkapital war mit 20 Millionen Goldkronen für die damalige Zeit nicht unbedeutend. Der Zusammenbruch der Monarchie traf sie schwer, da sie einen großen Teil ihres Geschäftes verlor, jedoch die Abtrennung ihrer böhmischen und mährischen Niederlassungen war auch mit beträchtlichen finanziellen Opfern verbunden, die einen Teil ihrer Eigenmittel aufzehrten. Die Centralbank versuchte nach Kriegsende auf dem Gebiet der österreichischen Republik eine Zeitlang weiter als Sparkassenbank zu wirken, geriet aber immer mehr in den Sog der Inflation und Spekulation, beteiligte sich an fragwürdigen Industriegründungen und entfremdet sich immer mehr ihrer eigentlichen Funktion als Bank, die Sparkassengelder verwaltete.

Hauptschuldige waren: erstens: die Männer, die die Bank aus politischen Motiven zwangen, die Konkursmasse christlichsozialer beziehungsweise christlichsozial-großdeutscher Banken zu übernehmen. Zweitens: Ihr Großaktionär Dr. Wutte, der die Bank ausplünderte, er galt auch als der rücksichtsloseste und gewalttätigste Unternehmer Österreichs. Und drittens: die Leitung der Bank selbst, die von Einzelfällen abgesehen, wohl anständig, aber unfähig war, die ihr gestellten Probleme zu erkennen, geschweige denn zu meistern, und auch viel zu schwach war, dem von außen, von den Großaktionären und politischen Kreisen ausgeübten Druck zu widerstehen.

Am 30. Juni 1926 wurde schon bekannt, daß die Centralbank schon seit längerer Zeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen habe und nun in eine wirkliche Krise geraten sei. Am selben Abend war mit einer geheimen Hilfeaktion natürlich nicht mehr zu rechnen. Es war damit zu rechnen, daß am nächsten Tag die Einleger der Centralbank die Kassen stürmen würden und die Bank nicht imstande sein werde, die Rückzahlungen zu leisten. Die Regierung gab daher noch am selben Tag die Erklärung ab, daß "sie für die Sicherung der Einlagen der Centralbank Vorsorge treffe". Dieser Beschluß wurde nicht im Ministerrat sondern ad hoc, von einem zusammengerufenen Kollegium, welches sich zusammensetze aus: Bundeskanzler, Finanzminister und dem Nationalratspräsidenten, die zweifellos dafür zuständig waren, innerhalb weniger Stunden beschlossen. Höchst merkwürdig war, daß Dr. Rintelen in diesem Kollegium saß, der vor wenigen Tagen seinen Posten als Landeshauptmann aufgegeben hatte und als Unterrichtsminister bei einer Banksanierung zu tun hatte. Der einzige Grund für Dr. Rintelen war einzig und allein die Rettung der Steirerbank, von welcher er Präsident war. Das Kollegium beschloß vorerst, der Centralbank 400 Millionen Schilling staatliche Gelder zu geben, um jenen Einlegern, denen die "Vorsorge"-Erklärung der Regierung nicht genügen würde, ihr Geld an den Schaltern der Bank auszuzahlen zu können. Man irrte jedoch gewaltig, am 1. Juli wurden 450 Mio. Schilling abgehoben. Daraufhin erfolgte am nächsten Tag eine weitere Regierungserklärung, in der es hieß, daß "für sämtliche bei der Centralbank bestehende Einlagen die Haftung des Bundes ausgesprochen wird". Aber auch dies nützte ebensowenig. Im Gegenteil, in den ersten Julitagen mußten zur Befriedigung der drängenden Gläubiger vom Bund 1000 Millionen und von der Nationalbank 250 Millionen hergegeben werden. Innerhalb von 2 Tagen waren auf diese Weise die gesamten Kassareserven des Bundes aufgebraucht. Diese "Hilfeaktion", die so enorme Beträge verschlang, war im höchsten Maße unüberlegt. von dem Augenblick an, da der Bund die Haftung ausgesprochen hatte, waren die wahllosen Auszahlungen an alle, die sich zu den Schaltern drängten, widersinnig und überflüssig. Diese Hilfeaktion verschlang 1600 Millionen Schilling und war zweifellos auch verfassungswidrig. Der Regierung fehlte die Legitimation, für den Bund so enorme Verpflichtungen einzugehen. Als man die Minister später zur Rede stellte, haben sie sich darauf ausgeredet, daß "Gefahr im Verzug" war.

Im Frühjahr 1926 entdeckte man, das die Bank mehr faule Schuldner hatte, als sie ertragen konnte. Aber auch das hätte man im Finanzministerium und in der Nationalbank schon früher wissen müssen, denn es war beiden Seiten bekannt, daß die Bank nicht imstande war, die Goldbilanz per Ende 1925 vorzulegen, weil diese eindeutig erwiesen hätte, daß das Institut schon damals überschuldet war.

Der Postsparkassenskandal

Die Postsparkasse kostete dem Staat an die 2500 Millionen.

Für den aller größten Teil des 2500 Millionen Verlustes der Postsparkasse trug hingegen eine Handvoll Männer die Verantwortung, die sich um die Zentralfigur Siegfried Bosels gruppierten. Wobei zu unterscheiden ist zwischen den Hauptschuldigen, dem Bundeskanzler Dr. Ramek, dem christlichsozialen Finanzminister Dr. Ahrer, dem großdeutschen Handelsminister Dr. Schürff und dem Vizegouverneur der Postsparkasse Dr. Klimesch einerseits und den Mitwissern, die nicht rechtzeitig eingriffen, wie etwa Dr. Seipel und sein Parteifreund Dr. Kienböck, andererseits.

"Die Postsparkasse wurde mehr oder weniger ein christlichsozialer Parteifonds, mit dem man anfangen kann, was man will, weil die Postsparkasse alles aushält, und alle Beträge, die sie hergibt, für ihr Geschäft gar keine Rolle spielen."

Frühe Warnungen:

Als Danneberg am 6. Juli 1926 im NR sprach, lagen die Geschäfte der Postsparkasse mit Bosel sowie ihre eigenen verlustreichen Spekulationsgeschäfte noch im Dunkel. Durch diese Rede wurden die eigenartigen Geschäfte der Postsparkasse der Öffentlichkeit wohl zum erstenmal zur Kenntnis gebracht, eingeweihte Kreise wußten jedoch schon seit langem, daß mit der Postsparkasse etwas nicht in Ordnung war.

Im Juli 1922 informierte der Vorsitzende der Bankenkommission, Dr. Witteck, , den damaligen Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel über "fragwürdige Devisengeschäfte" der Postsparkasse. Er wies darauf hin, daß die Postsparkasse eigentlich eine große Bank sei und daß Seipel entscheiden möge, ob sie der Bankenkommission unterstehe. Seipel würdigte diesen Brief keiner Antwort. Hätte er der Bankenkommission freie Hand gelassen, dann wäre den Skandalgeschäften der Postsparkasse wahrscheinlich schon in ihren Anfängen entgegengetreten worden und dem Staat wären viele Hunderte Millionen Schilling Verluste erspart geblieben. Aber in der Bankenkommission saß Hofrat Stern, der als versierteste Bankfachmann der Zwischenkriegszeit galt und mit allen Schlichen, Winkelzügen und Fälschungen der Bankschwindler wohlvertraut und von ihnen mit Recht gefürchtet war, der von den unsauberen Geschäften der Postsparkasse mit allen Mitteln ferngehalten werden mußte.

Klimesch hatte damals die Abgeordneten bewußt irregeführt, denn die Postsparkasse hatte, zu jener Zeit schon durch mißglückte Börsenspekulationen über 1400 Millionen Schilling verloren.

Der Öffentlichkeit präsentierte man eine Bilanz, deren Gewinn 10 Millionen und einen Reservefonds von 25 Millionen auswies und wurde so in den Rechnungsabschluß des Rechnungshofes für 1925 übernommen, in dem es heißt, die Bilanz sei "ein getreues Bild des wirklichen Finanzstandes der Unternehmung" und sei im Einvernehmen zwischen Finanzministerium und Rechnungshof zustande gekommen. In Wirklichkeit existierte weder ein Gewinn noch ein Reservefonds, sondern die Bilanz hätte wahrheitsgetreu mit einem Verlust von 2200 Millionen Schilling abschließen müssen.

 

 

Die folgenden 3 Hauptgründe für den Untergang der Postsparkasse:

1. Die eigenen Börsespekulationen der Postsparkasse in Effekten und Devisen

Eine Bilanz aufgestellt von Präsident Reisch, der am 6. Juli 1926 Dr. Schuster ablöste und provisorisch vertrat, weist bei einem Gesamtvermögensstand von 7740 Mio. Schilling einen Abgang aus, der bei Berücksichtigung der eigenen Verluste und nach Abschätzung der schwebenden Engagements mit 2200 Mio. Schilling angenommen werden muß. Dies wäre eine Restvermögen von 5540 Mio. Schilling gewesen.

So war es aber nicht!

Reisch mußte kurz nachher zugeben, daß die als Gesamtvermögensstand bezeichneten 7740 Mio. nicht das Eigenvermögen, sondern die bei ihr unterhaltenen Spar- und Kontokorrenteinlagen, also fremde Gelder waren, die nicht der Postsparkasse, sondern den Einlegern gehörten. Sie besaß zu jener Zeit überhaupt kein Vermögen, sie hatte also nicht ihres, sondern das ihrer Einleger verspielt! 30% der ihr anvertrauten Gelder waren verloren. Daß die Sparer und Kontoinhaber nicht zu Schaden kamen, war nur der Tatsache zu danken, daß der Staat für alle Einlagen voll haftete.

Über die Einzelheiten dieser Aktienspekulation, die ins Gigantische ging, erfuhr die Öffentlichkeit nie etwas. In den kargen amtlichen Darstellungen gibt es zahlreiche Unverständlichkeiten und Widersprüche.

Den größeren Teil des Gesamtverlustes von 2500 Mio. hatte er zu verantworten.

Es wäre ihm kein Vorwurf zu machen gewesen, wenn er in der Inflationszeit einen Teil der überschüssigen Gelder in Aktien angelegt hätte, soweit es sich nicht um ausgesprochene Spekulationspapiere handelte. Aber er ging weit über das hinaus, was notwendig und vertretbar war.

Ein verantwortungsbewußter Finanzminister hätte sich mit den großen Erfolgen zurückgezogen und seine Geschäfte wieder so geführt, wie es ihm seine Statuten vorschreiben. Stattdessen steckte er ihm anvertraute Gelder immer mehr in sein waghalsiges Spekulationsgeschäft.

2. Die Transaktionen zwischen der Postsparkasse und Siegfried Bosel

Bosel, der ein "Neureicher" durch den Krieg wurde, und bis zu seinem Fall 1400 Millionen Schilling steuern zahlte, war ein sehr angesehener Mann.

Er schuldete der Postsparkasse am 18. April 1925 3,6 Millionen Dollar (eine heutiger Wert von 500 Millionen)

Bosel war gezwungen, Notverkäufe von Aktien durchzuführen, um seine Verluste bei den Franc Spekulationen zu decken. Daraufhin gingen die Großbanken zum Präsidenten der Bodenkreditanstalt und forderten einen Kredit für Bosel, damit dieser nicht mehr gezwungen sei, Aktien weiter auf den Markt zu werfen. Aufgrund dieser Intervention soll die Nationalbank Bosel einen durch Aktien gedeckten Kredit von 9 Millionen Dollar gewährt haben. Einige Monate später soll Reisch die Postsparkasse veranlaßt haben, den Rest der Forderung, die die Nationalbank noch gegen Bosel hatte, zu übernehmen – das wären die vorhin erwähnten 3,6 Mio. Dollar gewesen. Da die Postsparkasse den Betrag der Nationalbank nicht auf den Tisch legen konnte, soll ihr Reisch einen Kredit im Ausland in der gleichen Höhe verschafft haben, um die Schuld Bosels bei der Nationalbank abzulösen.

Bosel hatte vor, sein ganzes Vermögen ins Ausland zu bringen. Ein Beamter (vom Finanzministerium) sprach mit Bosel und berichtete, daß alles in Ordnung sei.

Er knüpfte eine Geschäftsverbindung mit einem Comptoir d’Escompte in Genf, mit dem gemeinsam er den "Union Trust" mit einem Aktienkapital von 5 Mio. Schweizer Franken gründete. Er brauchte jedoch jemanden, der ihm half, die Schulden bei der Postsparkasse zu vertuschen. Niemand minderer als Finanzminister Ahrer half ihm (wobei nicht abgeneigt wird, daß Bosel Ahrer mit 70 Mio. Schilling bestochen hatte).

Es war klar, daß Bosel in die Schweiz fuhr, um dort einen Betrug zu verüben, bei dem es um Hunderte Millionen Schilling ging, wobei nicht klar war, wer das Opfer sein sollte. Es kam wie es kommen mußte, die Postsparkasse bekam als Sicherstellung für seine Schuld von 3,6 Mio. Dollar seinen großen Aktienbesitz. Jedoch stellte sich heraus, daß die Union-Trust A.G. höchstwahrscheinlich als Strohmann Bosels fungierte.

Jetzt passierte jedoch etwas Unfaßbares. Bosel faselte dem Finanzminister vor, daß es ausländische Interessenten für die beim Union Trust liegenden Aktien, vor allem für jene der Unionbank und der Veitscher Magnesit-Werk, gäbe, daß die Gefahr bestünde, daß Ausländer diese Aktien kaufen und so einen entscheidenden Einfluß auf diese beiden österreichischen Unternehmungen gewinnen könnten.

Es wurde vereinbart, daß die Postsparkasse 3 Mio. Aktien der Unionbank, 6600 Aktien der Veitscher Magnesit-Werke und 1250 Aktien der Union Trust kauft und dafür den Pauschalbetrag von 11,3 Millionen Dollar (rund 1600 Millionen Schilling) zahlt. Jedoch waren die Aktien extrem überbezahlt, tatsächlich betrug der Wert 950 Mio. Schilling. Als die Unionbank im Dezember 1926 verkauft werden mußte, weil Bosel (Präsident u. Hauptaktionär) bankrott war, betrug der Kurs kaum die Hälfte dessen, was die Postsparkasse vor einem ¾ Jahr Bosel gezahlt hatte.

Die Postsparkasse war (angeblich) nicht einmal im Besitz aller Aktien, die sie ein Jahr vorher gekauft hatte.

 

 

3. Die Sanierungs- und Hilfsaktionen für verkrachte, meist der Christlichsozialen Partei

nahestehende Banken.

Wer war verantwortlich für den Untergang der Postsparkasse:

Folgende Schuldner sind bekannt:

Allgemeine Industriebank, Depositenbank, Lombard- und Escomptebank, Deutsche Bodenbank, Internationale Handelsbank, Kaufmännische Bank, Austro-holländische Bank, Allgemeine Kreditbank, NÖ Bauernbank, Steirerbank, Industrie- und Handelsbank, Merkantilbank, Vereinsbank, Verkehrskreditbank, Austria Bank, Treuga-Bank, Agrarbank, Tiroler Vereinsbank, Steirischen landwirtschaftlichen Genossenschaften und oststeirische landwirtschaftlichen Genossenschaften.

Mit wenigen Ausnahmen waren alle hier aufgezählten Schwindel- und Spekulationsbanken, deren Lebensdauer im Durchschnitt kaum drei Jahre betrug.

 

 

Verfassungsänderung:

Trotz der katastrophalen Folgen des Zusammenbruchs der "Boden" setzten die Führer der Heimwehr ihre Drohungen, "die Änderung der Verfassung mit der Waffe in der Hand zu erzwingen", fort. Zwischen Mitte September und Mitte November wurden der Nationalbank für und 1600 Millionen Gold und Devisen entzogen. Ende Oktober sprachen Vertreter der Nationalbank und der Privatbanken bei Bundeskanzler Schober vor und ersuchten ihn, die Verfassungsentwürfe der Heimwehr im Interesse der Wirtschaft zurückzuziehen.

 

Die Katastrophe der Creditanstalt

Am 8. Mai 1931 verständigte die Leitung der CA die Regierung, daß die Bilanz der Bank per Ende 1930 einen Verlust von 2800 Millionen Schilling aufweise.

Da die CA die größte Bank Österreichs war und ein Zusammenbruch Österreich in ein wirtschaftliches Chaos gestürzt hätte, wurde vom Staat aus ein Sanierungsplan ausgearbeitet. Diese Verhandlungen dauerten drei Tage. (zw. Regierung und Direktion CA).

Es wurden noch weitere Sanierungspläne erarbeitet.

Der erste diente zur Deckung des Verlustes, wobei der zweite sich mit der Aufbringung neuer Kapitalien beschäftigte.

Die Regierung stellte 2000 Millionen zur Verfügung, was jedoch in der Öffentlichkeit wenig beliebt war. Hätte man das verlorene Aktienkapital zu Lasten der Aktionäre abgebucht, denen dann lediglich 500 Millionen verblieben wären, und den Gesamtbetrag der Neueinzahlungen des Bundes und der Nationalbank zur Aufstockung des Aktienkapitals zu verwenden, dann hätte dies den Vorteil gehabt, daß der Bund mit seinen 200 Millionen die Mehrheit der Aktien der CA gehabt hätte.

Es wurde jedoch damit begründet, daß sie Rücksicht auf die ausländischen Aktionäre nehmen und darauf achten müsse, daß sie nicht allzuviel bei dem Debakel der CA verlieren – das könnte dem Ruf Österreichs und seinem Kredit im Ausland schaden.

Um der Regierung wieder Geld zu beschaffen, wurde ein Gesetz beschlossen (im Auftrag von Dr. Kienböck und Dr. Reisch), das eine Kürzung der Gehälter der Bundesbeamten bzw. wesentliche Verschlechterung beim Bezug der Arbeitslosenunterstützung vorsah.

So schien man am 15. Mai, alle Verluste ausgeglichen zu haben und der CA neue Eigenmittel, sogar höher als vor dem Zusammenbruch, verschafft zu haben.

Ursachen für den Zusammenbruch der CA

Um das Jahr 1929 ging es der österreichischen Wirtschaft immer schlechter, ihre Kapazitäten wurden nicht einmal annähernd ausgenutzt. Die Umsätze und Erträge gingen zurück und die Bankschulden stiegen. Die CA konnte natürlich die Unternehmen nicht im Stich lassen und engagierte sich doppelt. Sie gab ihnen Kredit und wurde Hauptaktionär.

Schuld muß man eigentlich den Bankleitern geben, die die primitivsten Grundsätze der Bankenpolitik außer acht ließen (wie auch schon bei der Postsparkasse u. Centralbank).

Viele Banken, so auch die CA, versuchten ihr Finanzimperium auch dort aufrechtzuerhalten, wo das politische Imperium verschwunden war.(nach dem Zusammenbruch der Monarchie).

Stern vertrat die Auffassung, daß sich im Oktober 1929 anläßlich der Fusion der Bodencreditanstalt mit der CA die Funktionäre der beiden Banken "gegenseitig beschwindelten", denn die Aktienkapitale der beiden Banken waren schon damals vollständig verloren.

Wie auch immer die gesetzlichen Vorschriften über die öffentliche Rechnungslegung der fusionierten Banken gelautet haben mögen, der Vorstand der CA wäre verpflichtet gewesen, eine richtige Bilanz zumindest für den internen Gebrauch aufzustellen, und mit diesem zur Regierung zu gehen, um zu zeigen, was sie mit der erzwungenen Übernahme angerichtet hatten.

Angeblich meinen auch manche, daß einfach nur die Buchhaltung zu oberflächlich war.

Wie in jeder Bank, gab es auch in der CA einen Mann, der viel Geld verspekulierte. Es war für solche Leute klar, daß der Gewinn ihnen gehörte und der Verlust der Bank die Einleger oder der Staat zu tragen hätte. Dieser Mann war Ehrenfest. Weiters mußte die CA mit 10 Millionen für ihn bei einer Pariser Bank bürgen. Er blieb weiterhin Direktor der CA, obwohl man wußte, das er so viel Geld verspielt hatte, jedoch das schlimmste war, daß angeblich niemand von seinen Geschäften wußte.

Der Schwarze Montag in Wien

Das Problem der Banken bestand darin, daß sie kurzfristige Auslandkredite für langfristige Zwecke verwendeten. Das ging so lange gut, solange die ausländischen Institute, das Vertrauen nicht verlieren würden und das Geld einforderten. Bei der CA war es umgekehrt, bis zum 11. Mai 1931, an dem amtlich mitgeteilt wurde, daß die CA ihr gesamtes Vermögen verloren hatte, wäre es niemanden im In- oder Ausland eingefallen, seine Einlage bei der Bank zurückzuziehen. Bis zum Morgen des 12. Mai war das Vertrauen in die CA unerschüttert.

So kündigte die internationale Hochfinanz, in London, Paris, Amsterdam, Zürich, und New York ihre ausländischen kurzfristige Kredite für Hunderte Millionen Reichsmark.

 

Geldpolitische Aktivitäten in Österreich seit Anfang der 70er Jahre

Die Geldpolitik diente in Österreich meist nur der Stabilisierung nomineller Größen (z.B. Wechselkurse, Zinssätze). Auch in den 70er Jahren wies die Geldpolitik Österreichs dementsprechende Zwischenziele auf:

Die OeNB hoffte damit, ihre gesetzlich postulierten Ziele (Stabilität des Binnen- und Außenwertes des Schillings sowie den Zahlungsausgleich mit dem Ausland) realisieren zu können, und auch die Spekulation auf den Devisen- und sonstigen Finanzmärkten sollte verhindert werden. In den 70er Jahren bestand das Ziel der Wechselkursstabilisierung nicht immer in der Wahrung einer möglichst stabilen DM-Schilling Relation, sondern man orientierte sich bis 1976 an "wertbeständigen" Auslandswährungen (Indikator), und an dem Block-Floaten der europäischen Währungsschlange, einer Vorläuferin des Europäischen Währungssystems. 1971 setze sich der Indikator aus sechs Währungen zusammen, aus denen aber später die Lira und der Pfund wegen der Unbeständigkeit ihres Wertes ausgeschieden wurden (DM, Schweizer Franken, Holländische Gulden und Schwedische Krone verblieben).

Erstmals kam die Orientierung des Schillings an der DM Mitte 1976 (Kurs: 7,10 S), jedoch in Folge der Leistungsbilanzkrise 1977 (Leistungsbilanzdefizit 4,4% des BIP) bis Mitte 1979 zu einer Abwertung des Schilling gegenüber der DM um knapp 4%.

Die OeNB versuchte anfangs der 70er Jahre inflationäre Entwicklungen mit Hilfe ihrer Instrumente zu Beeinflussung der freien Liquiditätsreserven der Banken zu vermeiden (Mindestreservesätze wurde angehoben). Durch Offenmarktoperationen legte die OeNB Liquidität still. Der Diskont- und der Lombardsatz wurden erhöht und Auslandsgelder durften nur mehr beschränkt hereingenommen werden.

Da kein Mittel für eine erfolgversprechende Inflationsbekämpfung blieb, wurde 1972 die aktive Kreditkontrolle geschaffen (maximale Zuwachsrate der Kredite wurde eingeschränkt), was zur Folge hatte, daß neue Kreditgewährungen eingeschränkt wurden.

Es wurden auch Maßnahmen zur Verteidigung stabiler Nominalzinssätze angewandt (Bonifizierungsaktion 1974). Wegen der steigenden Inflation wurden aus Verteilungsgründen die Habenzinsen um 1,5% erhöht, die Nominalzinssätze im Nachhinein um 1% bis 2% angehoben (Banken: Zinsspanne gewahrt und Milliarden an Buchverslusten vermieden).

Das Problem am Ende der 70er Jahre bestand in der Widersprüchlichkeit der Zwischenziele. Zu- und Abflüsse an Währungsreserven konnten, bedingt durch stabile Wechselkurse, nicht kontrolliert werden, was die Zentralbankgeldmenge und somit auch die Bankenliquidität-, die Kreditgewährung und die Nominalzinssätze. Das führte 1979/1980 zu Änderungen im geldpolitischen Konzept der OeNB.

 

Hartwährungspolitik

Mit Offenmarktoperationen und der Diskont- wie Lombardpolitik werden seit 1979/1980 die Zinssätze auf dem Geldmarkt so beeinflußt, daß im kurzfristigen Kapitalverkehr der Banken mit dem Ausland nur jene Zu- oder Abflüsse zustande kommen, die der Stabilisierung des Wechselkurses dienen. Auch die Steuerung des Kreditwachstums der Banken Anfang der 80er Jahre wurde eingestellt.

Als Hartwährungspolitik versteht man eine Anpassung des Schillings an die europäischen Hartwährungen, insbesonders an der DM. Seit 1981 ist der Wechselkurs Schilling-DM praktisch konstant (7,01-7,04 S/DM).

Die OeNB rechtfertigt ihre Hartwährungspolitik vor allem mit der Preisstabilität (skandinavisches Modell), wegen der Liberalisierungstendenz auf den Finanzmärkten und der Rahmenbedingungen für die Strukturpolitik (Minimierung der Fehlallokation). Außerdem ist ein weicher Schilling als Strukturhilfe für die rentabilitätsschwache Industrie von Schaden.

Die preisstabilisierende Funktion der Hartwährungspolitik der OeNB bedarf einer Unterstützung durch die Lohn- und Preispolitik der Sozialpartner (wegen verschiedener Eigeninteressen von Sozialpartnergruppen können, wegen Preise und Löhne, nachhaltige Leistungsbilanzprobleme entstehen), soll nicht in die Anpassung der Löhne und Preise über Arbeitslosigkeit erzwungen werden.

Um den Erfolg der Hartwährungspolitik zu begründen, müßte die "strategische" Situation, in der die Politik eingebettet ist, berücksichtigt werden. Diese Idee wurde in der Vergangenheit durch den Umstand begünstigt, daß der Bund über hohe Budgetdefizite, über Subventionen, über die Export- und Investitionsförderung den Arbeitnehmern Vollbeschäftigung garantieren konnte. So konnten etwa die Gewerkschaften für die Hartwährungsstrategie der OeNB leicht gewonnen werden, da der Hartwährungskurs über die Verbilligung der Importgüter Reallohnerhöhungen ermöglicht wurden, und über die Fiskalpolitik war die Vollbeschäftigung gesichert.

 

Probleme der österreichischen Geldpolitik

Einen raschen und nachhaltigen Wechsel gibt es besonders bei nationalen und internationalen Finanzmärkten (technische Fortschritte führen zu vermehrter Vernetzung). Bei wachsenden Finanzmärkten und wegen der Schaffung neuer Finanzinstrumente wurden das Angebot und die Nachfrage nach den einzelnen Finanztiteln (weltweit wie auch in Österreich) preiselastischer. Steigt die Preiselastizität des Angebots und der Nachfrage, so werden die Effizienzverluste, die mit Regulierungen oder Kontrollen verbunden sind, größer. Denn je größer die Elastizität, umso größer ist die Mengenreaktion einer regulierungs- oder kontrollbedingten Preisverzerrung und umso höher ist das Produkt aus Preisverzerrung pro Einheit und Anzahl der diese Verzerrung betreffenden Einheiten.

Ein besonderes Regulierungsproblem in Österreich stellen die Rentemärkte dar. Die Regulierung des Rechts zur Emission von Schuldverschreibungen, ursprünglich begründet im Namen des Gläubigerschutzes, bringt erhebliche allokative und distributive Effekte. Der Bund und allenfalls die Banken erhalten über diese Rentenmarktregulierung quasi eine Subvention, die Investoren müssen hingegen eine Steuer errichten, weil sie als Schuldner auf den teureren Kreditmarkt verwiesen werden.

 

Die Stellung der Banken im Finanzierungsgeschehen

In Österreich herrscht die direkte Finanzierung über die Banken vor. Es ist auch heute noch nicht sicher, ob das weitgehende Fehlen von Märkten (wenngleich sich in den 80er Jahren der Markt für Aktien erheblich belebte) die Entwicklung des österreichischen Finanzsektors hemmt. Kurzfristig bringt dieses Fehlen den Banken Vorteile, denn der Mangel an Forderungs- und Verbindlichkeitsbeständen außerhalb des Bankgeschäftes ermöglicht ihnen eher, ihre Zinssatzvorstellungen durchzusetzen. Langfristig aber ist zu bezweifeln, ob die mit relativ geringem Eigenkapital ausgestatteten Banken bei schwankenden Zinssätzen oder Wechselkursen, verbunden mit höherer Konkurswahrscheinlichkeit der Kreditnehmer, immer eine Risiken- und Fristentransformation übernehmen sollen. Die fristgerechte Finanzierung der Schuldner kann direkt über den Aktien- oder Rentenmarkt erfolgen.

Das weitgehende Fehlen von Märkten für direkte Finanzierung bringt für den Träger der Geldpolitik überdies den Nachteil, daß die Wirksamkeit seiner Maßnahmen von den Strategien der Banken entscheidend abhängen. Ein Indikator für diese Abhängigkeit ist, daß die gesamte Inlandskomponente des Zentralbankgeldes in Österreich nur durch Geschäfte mit den Banken entstanden ist.

Für die Geldpolitik ist die Frage wichtig, welche Veränderungen auf der Aktivseite der OeNB-Vermögensbilanz mit der Schöpfung oder Vernichtung von Zentralbankgeld eingehen. Zum Beispiel wurde 1980 zusätzliches Zentralbankgeld im Ausmaß von rund 9 Mrd. S geschaffen (Zentralbankgeldschöpfung), wobei diese Zunahme des Zentralbankgeldumlaufs durch den Anstieg der Auslandskomponente (rund 22 Mrd. S) bedingt war. Der Zuwachs der Auslandskomponente hätte eine noch größere Zentralbankgeldschöpfung ausgelöst, wäre nicht über den Abbau der Inlandskomponente (rund 12 Mrd. S) Zentralbankgeld vernichtet worden. Von 1982 bis 1987 veränderte sich die Auslandskomponente nur wenig. Die Zentralbankgeldschöpfung erfolgte durch eine Ausweitung der Inlandskomponente. 1987 kam es allerdings zu einem Rückgang der Inlandskomponente, die der Zentralbankgeldvernichtung von 4 bis 5 Mrd. S etwas entsprach.

 

Die OeNB als Träger der Geldpolitik

Der OeNB stehen zur Erfüllung ihrer Aufgaben eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung.

1. Variation des Diskont- und Lombardsatzes:

Es betrifft den Eskont von Wechseln und die Gewährung von Darlehen gegen Pfand ("Lombarddarlehen" wie z.B. Gold, Devisen und Valuten, amtlich notierte Wertpapiere,...), was bedeutet, das die Wechsel nur von Banken eingereicht werden. Der Diskont bzw. der Lombardsatz (Festsetzung durch Beschluß des Generalrats der OeNB) bestimmt den Zinsfluß dieser Geschäfte der OeNB. Liegt dieser unter dem Geldmarktsatz, so wollen die Banken aus Ertragsgründen die relativ billige Refinanzierungsmöglichkeit der OeNB stärker in Anspruch nehmen. Um das zu begrenzen, legt die OeNB neben dem Diskont- und Lombardsatz auch die Höhe des Refinanzierungsvolumens fest. Die OeNB will die Zinssätze im kurzfristigen Finanzbereich so steuern, daß es zu keinem kurzfristigen spekulativen Kapitalbewegungen mit dem Ausland kommt.

1985 kam es zur Umstellung zur Offenmarktpolitik (statt Lombardpolitik).

2. Offenmarktkäufe bzw. –verkäufe:

Die OeNB kann auf dem "offenen Markt" (Geld oder Kapitalmarkt) amtlich notierte Wertpapiere kaufen oder verkaufen. Auch hier gibt es 2 Formen:

Die OeNB betreibt ihr Offenmarktgeschäfte hauptsächlich durch Pensionsgeschäfte, wobei die Rückführung innerhalb eines Tages erfolgt (Taggeldgeschäfte). Dies dient zum raschen und flexiblen steuern der Bankenliquidität.

3. Variation der Mindestreservesätze:

Die OeNB kann die Banken verpflichten, Mindestreserven zu halten (zinsenlose Guthaben bei der OeNB, Postsparkasse oder bei einem Zentralinstitut). Nicht mindestreservepflichtig sind einige Banken, die mit Sonderfinanzierungsaufgaben befaßt sind (z.B. Oe Kontrollbank AG). Diese Politik wirkt nicht immer wettbewerbsneutral, was auch im Zusammenhang mit dem Übergang zur Offenmarktpolitik in den 80er Jahren bewirkte, daß seit 1974 die Mindestreservesätze, abgesehen einiger kleineren Veränderungen, nicht geändert wurden.

4. Festlegung des Wechselkurses:

Die OeNB kann in Erfüllung ihrer Aufgabe zur Erhaltung des Außenwertes des Schillings und im Zusammenhang mit der Berechtigung zum Devisen- und Valutengeschäft auf dem Devisenmarkt intervenieren, um den Wechselkurs der österreichischen Währung zu gestalten.

5. Beeinflussung der Devisenreserven:

Das Devisengesetz (es ist das letzte im Kern unverändert geltende Betriebswirtschaftungsgesetz der Nachkriegszeit) unterwirft grundsätzlich sämtliche Auslandstransaktionen der individuellen Bewilligungspflicht (Einzelbewilligungen), allerdings hat auch Österreich internationale Abkommen abgeschlossen, die Beschränkungen auf Zahlungen und Übertragungen für Leistungsbilanztransaktionen verbieten.

 

EG-Integration

In einer Erklärung vor dem Nationalrat am 28. Jänner 1987 wurde festgehalten, daß Österreich am europäischen Binnenmarkt der EG umfassend teilnehmen will. Die Teilnahme Österreichs hat folgende Vorteile z.B.:

Niederlassungsfreiheit:

Banken wie auch bei Vertragsversicherungen haben bei Erfüllung bestimmter Vorschriften (etwas ausreichendes Haftkapital) einen Rechtsanspruch auf Konzession in einem anderen EG Land.

Dienstleistungsfreiheit:

Versicherungsschutz kann ohne Gründung einer Niederlassung über die Landesgrenze hinweg angeboten werden.

Harmonisierung des Bankenaufsichtsrechts:

Richtlinienvorschläge der EG-Kommision, die weitgehend mit den Vorschlägen der in Basel ansässigen "Bank für internationalen Zahlungsausgleich" übereinstimmen.